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Steckbrief
Kernbeißer Coccothraustes coccothraustes

Kurzinfos & Fakten

Größe
16,5 - 18 cm
Gewicht
48 - 62 g
Alter
bis 5 Jahre möglich
Spannweite
29 - 33 cm
Nahrung
Samen von Laubbäumen und Früchten, Knospen
Feinde
Sperber, Habicht, Waldkauz, Falke, Elstern, Katzen, Marder
Paarungs- und Brutzeit
März, Anfang April - Ende Juni
Eier / Gelege
5 Eier
Brutdauer
12 - 14 Tage
Zugverhalten
Standvogel
Gefährdung
Ungefährdet
Der Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) ist die größte in Europa heimische Art der Finken (Fringillidae). Der große und kräftige Kegelschnabel des sogenannten „Finkenkönigs“ stellt ein auffälliges Merkmal dar. Die Schneiden des Oberschnabels und die ausgehöhlte Führung des Unterschnabels ermöglichen in Verbindung mit der entsprechenden Muskulatur das Aufspalten von Obstkernen, wozu ein erheblicher Druck aufgewendet werden muss. Der Kernbeißer besiedelt Europa, Nordafrika sowie ostwärts die Gebiete bis Ostasien und Japan. Seine Nahrung setzt sich vor allem aus Samen von Laubbäumen und Früchten, aber auch aus Insekten und deren Larven zusammen. Die Art gilt derzeit als nicht gefährdet.

Beschreibung & Aussehen

Der Kernbeißer zeichnet sich durch seine gedrungene Gestalt aus und ist an seinem kräftigen, runden Kopf, dem großen Kegelschnabel und kurzen Schwanz leicht zu erkennen. Das Auge ist braun. Die äußeren großen Armdecken bilden ein weißes Band, das im Flug als halbmondförmige Zeichnung gut erkennbar ist. Daneben gibt es ein weißes Band im Bereich der Handschwingen, die Schwingen sind ansonsten blauschwarz. Beine und Zehen sind fleischfarben. Kernbeißer erreichen eine Körperlänge von 16,5 bis 18 Zentimeter. Das Körpergewicht liegt bei 48 bis 62 Gramm. Die Flügelspannweite beträgt 29 bis 33 Zentimeter. Die Steuerfedern sind gemessen entlang des Federschaftes beim Männchen höchstens 22 bis 23 mm und beim Weibchen 14 bis 17 mm lang.

Der Kernbeißer weist einen schwach ausgebildeten Geschlechtsdimorphismus auf. Der Kopf des Männchens ist gelb- bis rotbraun, in manchen Gebieten jedoch eher zimtbraun. Er ist durch ein breites graues Nackenband mit dem dunkelbraunen Rücken verbunden. Der schwarze bis grauschwarze Schwanz mit breiten, weißen Endbinden ist wenig eingekerbt. Zur Mitte hin geht die Färbung in einen grau- bis hellbräunlichen Farbton über. Die Zügel, die schmale Schnabeleinfassung und der Kehlfleck sind tiefschwarz. Die Brust und die Unterseite sind rötlichbraun bis bräunlichweiß, in manchen Gebieten jedoch eher zimtbraun. Der Bürzel ist gelbbräunlich bis hellbraun. Das Weibchen ist heller und weniger intensiv gefärbt. Die Farben sind nicht so scharf abgegrenzt wie beim Männchen. Der Oberkopf ist weniger rotbraun und leicht gräulich. Die Brust ist rötlichgrau und die Unterseite grauweiß. Der Bürzel ist gelbgrau. Bei weiblichen Jungen grau und bei männlichen Jungen schwarz bis metallisch schimmernd sind die Außenfahnen der Armschwingen und die vierte bis sechste Handschwinge. Der Kehlfleck ist bei jungen Weibchen blassgelb und beim jungen Männchen goldgelb. Bauch, Brust und Flanken der Jungvögel sind beim Männchen grober gefleckt als beim Weibchen. Albinotische Kernbeißer sind äußerst selten.
Im Stadium der Selbstständigkeit sind die Jungvögel braun gebändert und tragen einen gelben Kehlfleck. Die Iris des Auges ist graugrünlich. Im zweiten Jahr nach der Herbstmauser ist das Jugendkleid gänzlich verschwunden. Die geschlüpften Nestlinge sind gelbrötlich. Stirn, Nacken, Rücken, Schulter, Flügel, Bauch, Oberschenkel und Unterschenkel sind dicht mit grauweißen Daunen bedeckt, wobei diese oberseits eine Länge von 10 bis 12 Millimeter aufweisen können.

Der Flug ist kräftig, schnell und leicht bogenförmig. Auf kurzen Strecken fliegt der Kernbeißer einen einzigen Bogen, auf langen Strecken fliegt er in Wellenform. Im meist hohen Flug ist die weiße Zeichnung an Flügeln und Schwanz auffallend. Der Kernbeißer kann sehr schnell auf- und abwärts fliegen, insbesondere bei der Jagdbalz und auf der Insektenjagd. Am Boden ist sein Gang wackelig mit ausgeprägten Sprüngen.

Die Jugendmauser, eine Teilmauser, beginnt im Alter von 10 bis 13 Wochen und dauert acht bis neun Wochen. In Abhängigkeit vom Schlupftermin zieht sich der Wechsel des Kleingefieders von Juli/Anfang August bis Oktober/Ende November hin. Zuerst wird meist das Brust- und Unterseitengefieder sowie gleichzeitig die Unterschwanz- und Bürzelfedern gewechselt. Danach folgt das Wechseln der Rücken-, Hand- und Armschwingendeckfedern. Schließlich folgt das Kopfgefieder mit Kinn-, Kehlfleck- und Halspartien. Die bei Jungvögeln graugrüne Iris verfärbt sich im sechsten Monat rehbraun.

Die Ruhemauser der Altvögel, eine Teilmauser, findet von Januar bis Ende März, meistens im Februar statt. Die Brutmauser, eine Vollmauser, setzt je nach Konstitution und Alter des Vogels bereits im Juni ein und zieht sich bis Ende Oktober/Anfang November hin. Hier werden Schwung- und Steuerfedern gewechselt.
Der Kegelschnabel ist im Sommer blaugrau bis dunkelgrau-bläulich, im Winter von dunkelgrau über hornfarben bis rötlichgelb mit dunkler Spitze. Der Schnabel des Weibchens ist matter. Der Kehlfleck und die schwarze Umrandung des Schnabels sind meistens kleiner und undeutlicher als beim Männchen.

Nestlinge weisen rosafarbene Rachen und Zungen auf, die zwischen weißlichen Knotenballen liegen. Die gelben Schnabelwülste sind rot und lila eingefasst. Die Umfärbung des Schnabels vom dunklen Gelb ins dunkle Blaugrau erfolgt bei Jungvögeln meist von Mitte Dezember bis Ende Februar. Der Schnabel ist bei Jungvögeln im ersten Herbst noch nicht ganz ausgewachsen und ausgehärtet. Da sie zu dieser Zeit erhebliche Schwierigkeiten haben, harte Steinobstkerne aufzuspalten, weichen sie auf weichere Sämereien aus. In seltenen Fällen behält der Schnabel des Weibchens ein Leben lang die gelbe Färbung. Der dunkle blaue Schnabel verfärbt sich erneut bei der Herbstmauser, in der er die Färbung der adulten Vögel annimmt.
Die Spitzenhälfte des Oberschnabels ist ein unter den Finken einmaliges Schneidewerkzeug. In der Mitte im Inneren befindet sich drei parallel gelegene Schneiden, an den zwei Außenkanten befinden sich zwei weitere Schneidekanten. Das Gegenstück des Unterschnabels ist entsprechend ausgehöhlt, um die Führung für ein Korn oder ähnliches zu gewährleisten. In der hinteren Schnabelhälfte arbeiten zwei Knoten im Unterschnabel gegen einen geriffelten und verstärkten Oberschnabel.

In Verbindung mit starker Muskulatur können die zweimal fünf Schneiden einen erheblichen Druck auf kleine Gegenstände ausüben. Dabei werden Kirschkerne mit der Naht nach unten gepackt, da hier der niedrigste Spaltdruck benötigt wird. Die in diesem Fall aufgewendete Kraft beträgt 270 bis 430 N. Flache Kerne, wie die der Olive oder von Zwetschgen, werden flach im Schnabel gehalten. Hier liegt die Kraft bei etwa 480 bis 730 N.

Stimme, Gesang & Ruf

Kernbeißer äußern als Stimmfühlungsruf ein hartes „zicks“, oft auch während des Fluges. Ein sehr hohes und schrilles „zrieh“ dient als Angstruf, während als Erregungs- und Warnruf ein „zick, zicke, zick“ als Doppelruf oder in schneller Folge vortragen wird. Der Kontakt- und Lockruf äußert sich auch bei Einzelgängern in regelmäßigen Abständen in einem „zieck“. Paare im Flug stehen mit einem weichen „zieht“ in Verbindung. Aggressionen zeigen die Vögel durch ein Schnabelknappen (Instrumentallaut). Zur Beschwichtigung gegenüber Artgenossen rufen sie leise „büb, büb“.

In der Brutzeit lässt das Weibchen Bettellaute wie „ziek“, „zieht“ oder „ziet“ hören, wenn es vom Männchen gefüttert werden möchte. Bei der Nistplatzsuche und beim Nestbau verständigt sich das Paar mit „zrieck“ oder „zrie“. Der Bettelruf der Jungvögel ist vom ersten Tag an ein ganz leises „zieht“. Die späteren Lock- und Bettelrufe äußern sich auch durch „Zrie“-, „Zirk“- oder „Ziet“-Laute. Flügge Junge lassen als Standortruf regelmäßig ein „tziip“ hören. Der Zugruf wird durch ein lautes langgezogenes „zieht“ ausgedrückt.

Der Gesang des Kernbeißers, auch als Schwätzen bezeichnet, wird ruhig sitzend mit hängenden Flügeln auf einer Baumspitze vorgetragen. Er stellt meist eine unregelmäßige und sich dauernd verändernde Zusammenreihung seiner Ruflaute dar. Der Gesang wird häufig durch scharfe „zick-zicks-zick“ eingeleitet und durch sehr melodisch wehmütige „zie-öh“ fortgeführt. Darauf folgt meist ein besonders hoher i-Ton bei „Ziich-zi-ziet zick“-Lauten. Abgeschlossen wird der Gesang häufig durch ein leise genuscheltes „Zip-zschip“. Die Zusammensetzung der Rufreihen ist sehr veränderlich und wird manchmal mit großen Pausen zwischen den einzelnen Lauten vorgetragen. Als einer der einfachsten Singvogelgesänge ist er am ehesten mit dem des Grauschnäppers zu vergleichen. Der Gesang dient der Festigung des Paarzusammenhalts und hat keine revierbestimmende und -markierende Bedeutung, da Erregungs- und Warnruf, Schnabelsperren, Schnabelknappen sowie Hacken und Beißen diese Funktion erfüllen. Er wird kurze Zeit nach der Mauser im Herbst und dann wieder ab Januar/Februar vorgetragen.

Lebensraum

Das klassische Habitat stellen insbesondere während der Brutzeit lichte Laub- oder Mischwälder mit Unterwuchs dar. In Europa ist der Kernbeißer ein typischer Vertreter der Eichen- und Hainbuchenwälder. Er ist auch in alten Laubwäldern mit Buchen, Eschen und Ulmen sowie lichten Auwäldern zu finden. Häufig lebt der Kernbeißer in Gebieten in Gewässernähe. Die Siedlungsdichte in monotonen Wäldern, insbesondere in monotonen Nadelwäldern, ist sehr gering. In den meisten europäischen Gebieten liegt die Siedlungsdichte weit unter einem Revier pro Quadratkilometer.

Voraussetzungen für Brutvorkommen sind die Verfügbarkeit von Sämereien und Raupen sowie geeignete Nistplätze. Optimal sind Dörfer mit Landwirtschaft, Vorstadtbezirke mit Gärten, wenig bebaute, mit Alleen und Baumgruppen durchsetzten Städte mit Parkanlagen, Friedhöfe mit altem Baumbestand sowie Streuobstwiesen und weitläufige Obstanlagen. Seit 1970 wird anhand von Winterfütterungen eine zunehmende Tendenz zur Verstädterung festgestellt.

Der Kernbeißer besiedelt das Flachland und mittelhohe Lagen von 300 bis 700 m, das höchste Brutvorkommen ist aber bis in 1000 m Höhe zu finden. In der Schweiz brütet er sporadisch bis zur oberen Grenze der Laubholzstufe in etwa 1300 m. Auf dem Zug über die Alpen ist er teilweise über die Baumgrenze bei 2400 m im Aletschgebiet zu finden. Entlang des Talgrunds dringt er häufig in die größeren Alpentäler vor. Zudem besiedelt er die Höhen des Randen und den nördlichen Jura.

Nahrung & Jagdverhalten

Der Kernbeißer ernährt sich hauptsächlich von Samen von Laubbäumen und Früchten. In Mitteleuropa stellen die Samen von Hainbuche, Feldahorn und Rotbuche neben Kirschen, Zwetschgen und Pflaumen das bevorzugte Nahrungsangebot dar. Im Frühjahr wird die Nahrung durch Knospen ergänzt. Im Spätsommer werden gerne Laubwälder mit einem hohen Bestand an Bucheckern aufgesucht und Früchte von Ahornbäumen und -sträuchern verzehrt. Es werden jedoch auch Schlehen, Mehlbeeren, Hagebutten, Traubenkirschen, Samen von Eschen, Ulmen und Erlen verzehrt, aber auch die Beeren der Stechpalme, Taxussamen, Haselnüsse, Walnüsse und Erbsen.

In der Brutzeit wird animalische Kost im Zusammenhang mit der Aufzucht der Jungvögel verwendet. Die Jungen werden in den ersten Tagen fast ausschließlich mit Raupen und anderen zerkleinerten Insekten gefüttert. Das Nahrungsspektrum umfasst später neben vollständigen Insekten und deren Larven auch Spinnen und Regenwürmer.

Bei der Nahrungsaufnahme wird nie der Fuß zu Hilfe genommen. Im Winter wird vor allem das Laub umgedreht, um Samen vom Boden aufzunehmen. Der Kernbeißer erntet die Nahrung von einzelnen Bäumen vollständig ab, ehe zum nächsten gewechselt wird. Dabei beginnt er in der Regel im Bereich der Baumkronen. Bei Störungen trägt der Vogel den ganzen Fruchtstand fort. Hat er Bäume oder Baumgruppen abgeerntet, knackt er zum Schluss die auf den Boden gefallenen Kerne, um ans Innere zu kommen. Dieses Verhalten ist insbesondere an Steinobstbäumen zu beobachten. Die optimale Kerngröße liegt bei 4 bis 5 mm. Für die Insektenjagd sitzt der Kernbeißer auf einem Ast bis zu sechs Metern über dem Boden. Entdeckt er ein Insekt, fängt er die Beute und setzt sich wieder auf einen Ast, auf dem er die Beute verzehrt. Teilweise fängt er Insekten auch im Jagdflug. Er wartet auch, bis ein Specht eine Spechtschmiede verlässt, um eine darin befindliche Walnuss dann zu verzehren. Möglicherweise bereits wartende Sperlinge haben aufgrund seines Größenvorteiles das Nachsehen.

Fortpflanzung, Balz & Brut

Der Kernbeißer wird in der dem Schlüpfen folgenden Brutperiode geschlechtsreif und führt eine monogame Brutehe. Paare bleiben in der Regel wahrscheinlich mehrere Jahre zusammen. Die Brutzeit mitteleuropäischer Vögel erstreckt sich von Anfang April bis Ende Juni. In Nordeuropa erstreckt sie sich von Mai bis Juli. Die Dauer und Lage der Brutzeit ist von Jahr zu Jahr verschieden und hängt vom Witterungsablauf und vom Nahrungsspektrum ab. Der Kernbeißer brütet einmal im Jahr. Nach Verlust der Jungvögel des ersten Brutversuchs wurden bis zu zwei Ersatzgelege nachgewiesen. Die Gesamtbrutdauer beträgt etwa 49 Tage; der Eiablagezeitraum erstreckt sich ungefähr über 37 Tage.

Die Balz beginnt mit der Besetzung des Brutplatzes durch die Männchen, in Mitteleuropa teilweise schon ab Mitte Februar und vor allem im März. Dabei findet die Paarbildung sowohl durch die Gesangs- oder Imponierbalz als auch durch die Demuts- oder Bettelstellbalz statt. Im erstgenannten Fall sträubt das singende Männchen sein Kopfgefieder, spreizt den Schwanz und pendelt den Körper dem Weibchen zugewandt mit hängenden Flügeln hin und her. Indem sich das Weibchen schlank macht und in Richtung des Männchens pendelt, zeigt es seine Zustimmung. Diese Balz führt nicht immer zur Kopulation. Im zweiten Fall fliegt das Männchen mit schnell vibrierenden Flügeln und gestelztem Schwanz von Ast zu Ast. Wenn es sich dem Weibchen in Demutshaltung nähert, wird es von ihm begleitet. Beiden Balztypen oder auch Kombinationen beider kann die Kopulation folgen. Sie können durch Schnäbeln mit und ohne Futterübergabe unterbrochen werden. Zudem lässt sich das Weibchen häufig mit hängenden und zitternden Flügeln vom Männchen füttern (Zärtlichkeitsfüttern).
In Mitteleuropa findet die Revierbesetzung von März bis Anfang April statt. Das Männchen sucht das Revier aus, das zugleich Brut- und Nahrungsraum sein kann. Gegenüber Artgenossen verteidigt das Paar nur einen kleinen Nestbezirk, während andere Vögel ohne Ausnahme von beiden Partnern vertrieben werden. Die Größe des Reviers unterliegt großen Schwankungen von 0,5 ha bis 5 ha pro Paar. Da einem Brutpaar häufig andere nachziehen, brüten meist Gruppen von drei bis sechs Paaren, jedoch höchstens 20 Paaren zusammen. Es gibt dennoch Fälle von strengen Einzelbruten.

Die Nistplatzwahl wird durch beide Partner entschieden. Die Nester werden in der Regel am Stamm in Astquirlen und Astgabeln, in Baumkronen und auf fast waagerechten Seitenästen von Bäumen und in Sträuchern gebaut. Im Allgemeinen werden hohe Obstbäume, Pappeln und Birken gerne genutzt. Das Nest befindet sich grundsätzlich an der sonnenbeschienenen Seite der Bäume. Es wird meist nahe am Stamm gebaut. Die Höhe des Nestes ist zunächst von einer freien Anflugmöglichkeit und danach von einer geeigneten Struktur für die Anlage desselben abhängig. Normalerweise liegt das Nest in einer Höhe von zwei bis acht Metern, selten sind Nesthöhen von 1 bis 22 Metern. Laubbäume und Sträucher werden Nadelbäumen im Allgemeinen vorgezogen. Diese Wahl variiert jedoch nach Menge und Höhe der Bepflanzung sowie Struktur des Platzes.

Ist das Männchen an einem Platz interessiert, drückt es sich in eine Astgabel und lockt das Weibchen herbei. Dieses zeigt sein Einverständnis mit dem Vorschlag, indem es sich an dieselbe Stelle setzt. Daraufhin fliegt das Männchen auf und holt ein Stöckchen, das es schließlich dem Weibchen zum Nestbau übergibt. Schlägt hingegen das Weibchen eine Stelle vor, beschränkt sich das Männchen bei Zustimmung darauf, das Ästchen zu besorgen, ohne den Platz auf der Astgabel einzunehmen.
Das Paar baut das Nest zwar gemeinsam, dennoch trägt das Weibchen 65 Prozent zum Bau der wesentlichen Struktur (Unterbau, Zwischenlage) bei. Das Material wird aus 5 bis 60 m Entfernung um den Standort gesammelt. Bei guter Witterung ist das Nest in fünf bis zehn Tagen fertiggestellt.

Das napfförmige Nest des Kernbeißers besteht aus dem Unterbau, der Zwischenlage und der Auspolsterung. Für den Unterbau werden durchschnittlich 65 bis 90 selbst abgebrochene kleine Äste unregelmäßig übereinander gelegt. Die Maße gehen von 15 bis 18 cm in der Breite und 20 bis 26 cm in der Länge. Die dünne Zwischenlage wird aus Wurzeln und groben Halmen gefertigt. Die etwa ein Zentimeter dicke Auspolsterung wird vor allem aus dünnen Wurzeln und feinsten Halmen gefertigt. Der in der Literatur erwähnte Einbau von Federn und Moos wird durch Beobachtungen an Volierenvögeln nicht bestätigt. Da andere Materialien für die Auspolsterung bevorzugt werden, erscheint die Verwendung von Federn und Moos eher unwahrscheinlich. Stattdessen werden nachweislich trockene Blätter, grüne Kiefernnadeln, Rehhaare und Schweineborsten verarbeitet. Die meist ovalen Nestmulden sind 7 bis 7,7 cm breit, 8 bis 9 cm lang und je nach Bauart von 3 bis 4 cm tief. Der eigentliche Außendurchmesser des Halmnestes ohne Unterbau beträgt 9,5 bis 10 cm Breite und 10 bis 11 cm Länge. Die Höhe des Gesamtnestes kann 7,5 bis 12,5 cm betragen. Während der Nestbauzeit geht das Paar gemeinsam auf Nahrungssuche.

Jungvögel & Aufzucht

Die Eiablage beginnt normalerweise, sobald der Nestbau beendet ist. Da sie bei kühler Witterung im Regelfall nach hinten verschoben wird, findet sie oft spätestens ein bis zwei Tage danach statt. Die Eier werden etwa fünf Tage lang in den frühen Morgenstunden bis etwa sieben Uhr gelegt. Die Eier sind oval bis langoval. Die Grundfarbe ist hellbläulichgrau bis hellgrünlichgrau, seltener bräunlichgrau. Sie sind meist relativ gleichmäßig mit einigen kräftigen schwarzbraunen Punkten und Schnörkeln sowie helleren Kritzeln gezeichnet, die sich teilweise zum stumpfen Pol hin verdichten. Die Eier der Nominatform sind durchschnittlich 24,3 mm lang und 17,83 mm breit. Das Frischgewicht beträgt 3,89 g, das Schalengewicht 0,226 g.

Im Mai finden die meisten Gelege statt. Die Gelegegröße des Kernbeißers ist in Mitteleuropa relativ konstant und besteht meistens aus fünf Eiern. Sie steigt im Verbreitungsgebiet, je nach der Länge der Tageshelligkeit, von Süden nach Norden. Das Weibchen beginnt die 12 bis 14 Tage dauernde Bebrütung meist nach Ablage des dritten Eies. Während dieser Zeit wird es vom Männchen gefüttert. Dabei lockt es das Weibchen meist vom Nest, so dass es unter Flügelvibrieren nach Futter bettelt, um kurz nach dem Füttern zum Nest zurückzukehren. Füttert das Männchen schlecht, so muss das Weibchen selbst auf Futtersuche gehen. Das Weibchen brütet sehr fest und ausdauernd. Bei Änderung der Sitzposition werden die Eier regelmäßig gewendet. In manchen Fällen brütet mittags das Männchen, um dem Weibchen die Suche nach Futter oder nach einer Badegelegenheit zu ermöglichen.

Fühlt das Weibchen sich direkt bedroht, nimmt es mit geöffnetem Schnabel eine Abwehrhaltung ein und versucht zu beißen. Während der Bebrütung dösen Weibchen oft mit halbgeschlossenen Augen vor sich hin oder gehen der Gefiederpflege nach. Es verlässt seinen Sitz erst, wenn der Nesträuber sich ihm auf seine angeborene Fluchtdistanz nähert.
Die Jungen schlüpfen asynchron; in der Regel zuerst drei, dann die restlichen ein oder zwei. Witterungseinflüsse können den Zeitpunkt des Schlüpfens beeinflussen. Das Weibchen frisst die Eischalenreste und hudert die Jungen in Abständen über Tag und in der Nacht bis zum Ausfliegen. In den ersten Tagen wird der Kot von den Altvögeln gefressen, später tragen sie ihn fort. In dieser Zeit hudert das Weibchen intensiv, so dass das Männchen den Hauptteil der Fütterung übernimmt. Anfangs gibt es die Nahrung oft an das Weibchen weiter, das die Jungen aus dem Kropf füttert. Während des Sperrens schwenken die Nestlinge den Kopf seitlich. Später beteiligen sich beide Altvögel an der Fütterung. Dabei sucht das Männchen im Umkreis von zwei bis drei Kilometern Entfernung vom Nest nach Nahrung, das Weibchen bleibt jedoch in der unmittelbaren Umgebung desselben.

Am Schlupftag haben die nackten und blinden Jungvögel ein Gewicht von etwa 5 g und rufen ganz leise „zieht“. Am dritten Tag ändert sich die Rachenzeichnung. Am vierten Tag öffnen die Augen schlitzförmig; am fünften Tag sind sie ganz geöffnet. Die Sitzordnung der Jungen ist bis zum fünften Tag der Brust-an-Brust-Sitz. Diesem folgt der Ringsitz, bei dem der Körper am Nestrand entlang und der Kopf auf dem Hinterteil des Vorderjungen liegt. Am siebten Tag erfolgt wiederum eine Änderung der Rachenfärbung. Die Jungen geben nun variable Lock- und Bettelrufe von sich. In den letzten Tagen wird dachziegelartiges Sitzen mit dem Ringsitz kombiniert. Mit 10 bis 11 Tagen können die Jungen bei Gefahr das Nest verlassen. Sie begeben sich im Alter von 12 bis 14 Tagen auf die Äste in Nestnähe (Ästlingsstadium). Zu diesem Zeitpunkt wiegen sie etwa 34 g. Die Jungvögel sind mit 16 bis 19 Tagen voll flugfähig und werden zwischen den Altvögeln aufgeteilt, um nach Nahrung suchend umherzuziehen. Die letzte Änderung der Rachenfärbung erfolgt am 26. Tag. Nach 30 bis 31 Tagen sind die Jungvögel selbstständig. Gefahr droht ihnen von Habicht, Sperber und Wanderfalke, aber auch von Katzen und Mardern.

Der Kernbeißer hat hohe Brutverluste, die meistens durch die offene Nestlage bedingt sind. Die häufigsten Nesträuber stellen Eichelhäher, Eichhörnchen und Marder dar. Gebietsweise stellt der Neuntöter eine Bedrohung dar. Zudem bleiben viele Paare jährlich ohne Jungvögel, obwohl sie ein Nachgelege anlegen. Untersuchungen zeigen, dass selbst unter Berücksichtigung des Nachgeleges nur jedes vierte Brutpaar Erfolg bezüglich der Zahl der Gelege hat. Nach der Eizahl ergäbe sich ein noch niedrigerer Bruterfolg. Das asynchrone Schlüpfen der Jungen führt zur Verdrängung der jüngsten Nestlinge durch die zuerst geschlüpften Jungen, so dass diese nicht gefüttert werden und eingehen. Dadurch verlassen in der Regel nur ein bis drei, ganz selten vier Junge das Nest. Das entspricht einen Bruterfolg von 13 bis 16 Prozent, in England sind es 10 bis 15 Prozent.

Freilebende Vögel werden maximal zwölf Jahre alt (Ringfund). In Gefangenschaft können sie ein Alter von 15 bis 20 Jahren erreichen.

Wichtiger Hinweis:

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