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Steckbrief
Mittelspecht Dendrocopos medius

Kurzinfos & Fakten

Größe
21 cm
Gewicht
50 - 85 g
Spannweite
34 cm
Nahrung
Arthropoden und deren Entwicklungsstadien, Blattläuse, verschiedene Ameisenarten wie die Glänzendschwarze Holzameise oder die Fremde Wegameise, Käfer, Schildläuse, Schnaken, verschiedene Raupen, Fliegen, Mücken, Asseln, vegetarische Kost wie z.B. Kirschen, Nüsse Koniferensamen
Feinde
Raubtiere, Greifvögel
Geschlechtsreife
am Ende des ersten Lebensjahres
Paarungszeit
Februar / März
Brutzeit
ab Anfang April
Eier / Gelege
5 - 6 ovale, reinweiße, glänzende Eier
Brutdauer
10 - 13 Tage
Zugverhalten
Standvogel
Gefährdung
Ungefährdet
Der Mittelspecht (Leiopicus medius, Syn.: Dendrocoptes medius, Dendrocopos medius) ist eine in Mitteleuropa relativ seltene Vogelart aus der Familie der Spechte (Picidae). Sie ist in einem vergleichsweise kleinen Gebiet der West- und Südwestpaläarktis verbreitet. Die Art benötigt zur Nahrungssuche Baumkronen mit grobrindigen Ästen und Stammbereichen. In weiten Teilen des Verbreitungsgebietes zeigt der Mittelspecht daher eine Bindung an alte Eichenwälder, wurde aber in den letzten Jahren auch in naturnahen Laubmischwäldern ohne wesentlichen Eichenanteil festgestellt.

Mittelspechte sind Standvögel, die ihre Jungen in selbst gezimmerten Baumhöhlen großziehen. Sie gehören zu den wenigen Buntspechten, bei denen die Färbungsunterschiede der Geschlechter sehr schwach ausgeprägt sind oder häufig völlig fehlen, sodass feldornithologisch eine Geschlechtsbestimmung problematisch sein kann. In ihrem Verbreitungsgebiet sind sie die einzige Art, bei der beide Geschlechter etwa gleich große rote Kopfkappen aufweisen.

L. medius gehört zu den wenigen Vogelarten mit einem Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa, etwa 20 % brüten in Deutschland, weshalb Deutschland eine besondere Verantwortung für die Erhaltung dieser Tierart trägt (Verantwortungsart). Der Gesamtbestand scheint leicht zuzunehmen und wird zurzeit als „Nicht gefährdet“ (LC = Least concern) eingestuft.

Beschreibung & Aussehen

Der Mittelspecht ist nur geringfügig kleiner als der Große Buntspecht, aber bedeutend größer als der Kleinspecht. Er ist der einzige europäische Specht, bei dem der Farbdimorphismus zwischen den Geschlechtern nur sehr schwach ausgeprägt ist. Der Mittelspecht ist ein typischer Buntspecht mit kontrastierender schwarz-weißer Gefiederzeichnung. Die schwarzen Gesichtszeichen sind bei dieser Art vergleichsweise schwach ausgeprägt, sodass das Gesicht überwiegend schmutzig weiß erscheint. Insbesondere unterscheidet sich dieser Specht durch das Fehlen eines schwarzen Zügelbandes von allen anderen europäischen Buntspechten. Der Scheitel ist bei beiden Geschlechtern von einer ziegelroten, zum Nacken hin ins Rotorange wechselnden, nicht schwarz gerandeten Gefiederpartie bedeckt; sehr häufig, insbesondere in aggressions- oder sexuell motivierten Situationen werden die Scheitelfedern gesträubt.
Der Schnabel ist relativ kurz, hellgrau und nicht sehr kräftig. Rücken und Flügel sind glänzend schwarz, der Schulterbereich ist weiß, die Armdecken sind breit weiß gebändert. Der kräftige Stützschwanz ist schwarz, die äußeren Steuerfedern sind weiß mit einer individuell sehr unterschiedlich ausgeprägten Schwarzzeichnung. Die Flanken sind auffallend dunkelgrau längsgestrichelt. Die Brust dieses Spechtes ist blassgelblich gefärbt, der Bauch weist einen Rosaton auf, der sich zum Steiß hin zum Rötlichen verstärkt.

Bei Weibchen ist die rote Scheitelfärbung oft etwas blasser und vor allem an den Rändern ins Rotbräunliche hin ausfärbend. Dieser minimale Färbungsunterschied ist jedoch nicht immer deutlich ausgeprägt. Jungvögel sind etwas blasser, weniger kontrastreich gefärbt. Ihre Scheitelplatte ist nur angedeutet rötlich, die Bauchpartie ist schmutzig weiß.
Die durchschnittliche Körperlänge des Mittelspechtes beträgt 21 Zentimeter. Er ist damit etwa 15 Prozent kleiner als der Große Buntspecht, aber 40 Prozent größer als der Kleinspecht. Die Spannweite liegt bei 34 Zentimetern. Das Gewicht adulter Mittelspechte schwankt zwischen 50 und 85 Gramm.

Stimme, Gesang & Ruf

Das Stimmrepertoire des Mittelspechtes ist sehr vielfältig. Einige der Rufe dieser Art unterscheiden sich auffällig von denen anderer Buntspechte. Bekanntester Ruf ist das sogenannte Quäken, das etwa mit kwääh…kwääh…kwääh oder ghääh…ghääh…ghääh transkribiert werden kann. Dieser Gesang dient sowohl der territorialen Positionierung als auch als Balzgesang. Er besteht aus mindestens zwei, meist aber aus bedeutend mehr (bis zu dreißig) Einzelelementen und wird vor allem, aber nicht ausschließlich, vom Männchen vorgetragen.

Zu Beginn ist die klagende Rufreihe vokalisiert, zum Ende hin wird sie rau und krächzend. Der Ruf trägt sehr weit; entfernt erinnert er an den Warnruf des Eichelhähers (Garrulus glandarius). Der Mittelspecht wird schon sehr früh im Jahr, oft schon im Januar akustisch auffällig; der Gesangsgipfel wird in der Hauptbalzzeit von Mitte März bis Mitte April erreicht. Auch im Spätherbst ist das Quäken gelegentlich wieder zu vernehmen. Neben diesem markantesten Ruf besteht eine Vielzahl von kurzen, oft auch gereihten Lautäußerungen. Am häufigsten ist ein kurzer Gük-Laut zu hören, der in Erregungssituationen zu einer langen Rufreihe werden kann. Auffallend und charakteristisch ist die abfallende Tonreihe und das betonte erste Element.

Mittelspechte trommeln äußerst selten. Offenbar wird die revieranzeigende Funktion des Trommelns bei dieser Art vom Quäken übernommen. Die eher leisen Trommelwirbel bestehen aus 18–30 Einzelschlägen und dauern knapp 2 Sekunden. Die Intervalle zwischen den Schlägen bleiben gleich.

Lebensraum

Der Mittelspecht ist eine Charakterart der warmgemäßigten Laubwaldzone Europas und Westasiens. Er folgt auffällig dem Verbreitungsgebiet der Hainbuche (Carpinus betulus), mit deren Verbreitungsgrenzen die Mittelspechtvorkommen nur in Nordspanien (dort kommt die Hainbuche nicht vor) und in Südengland (dort kommt der Mittelspecht nicht vor) nicht übereinstimmen.

Bis Ende der 1990er Jahre wurde die enge Bindung des Mittelspechts in Mitteleuropa an alte Eichen betont und die Art daher als Charakterart alter Eichenwälder bezeichnet. Seitdem wurden in Deutschland jedoch auch Vorkommen in Buchenurwäldern, in urwaldartigen Erlenbruchwäldern und im Kaukasus auch Reviere in Weichholzauen mit angrenzenden Buchenwäldern gefunden. Eine neue Untersuchung, die im Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg durchgeführt wurde, ergab zudem sehr hohe Bestandsdichten in Obstbaumwiesen, insbesondere dann, wenn diese an geschlossene Laubwaldgebiete grenzten. Ausgedehnte Bestände mit alten, hochstämmigen Obstbäumen spielen vor allem auch als Trittsteinbiotope für dispergierende Jungvögel eine wichtige Rolle.

Man geht heute davon aus, dass weniger die Artenzusammensetzung eines Waldgebietes als dessen Alter und die Bewirtschaftungsform für das Vorkommen des Mittelspechts ausschlaggebend sind. Die Art benötigt zur Nahrungssuche Bäume mit grobrissiger Rinde oder stark strukturiertes Totholz. In forstlich bewirtschafteten Wäldern ist die Art daher auf Eichen angewiesen, da nur diese auch bereits in jüngerem Alter ausreichend grobrissig sind. In eichenfreien Wäldern ist außerdem ein ausreichendes Angebot an stehendem Totholz Basis für eine ausreichende Nahrungsgrundlage. Die Art ist demnach weniger an Eichen gebunden als an naturnahe, totholzreiche Wälder und gilt daher heute als Urwaldrelikt. Da Rotbuchen erst im bereits hiebreifen Alter ab etwa 150–200 Jahren eine grobrissige Rinde und für den Mittelspecht nutzbare Totholzpartien entwickeln, wird das großflächige Fehlen der Art in den mitteleuropäischen Buchenwäldern heute als „forstwirtschaftliches Artefakt“ bezeichnet.

In Mitteleuropa findet die Art heute geeignete Habitatstrukturen vor allem in Augebieten und in naturbelassenen Hangwäldern. Grenzen Eichenbestände an ausgedehnte alte Obstgärten oder liegen Eichenbestände in großflächigen Parklandschaften, vermag der Mittelspecht auch solche Sekundärhabitate zu besiedeln. Wesentlich ist auch die Größe der Waldgebiete selbst. Stark fragmentierte Wälder oder Gehölze unter 10 Hektar werden kaum besiedelt. Ganz selten brüten Mittelspechte in Nadelwaldgebieten. So kommt die Art in Mittelgriechenland in einem Bergwaldgebiet mit Schwarzföhren und der Griechischen Tanne (Abies cephalonica) vor, auf Lesbos werden große, alte Olivenpflanzungen bewohnt.

In Zentral- und Osteuropa kommt der Mittelspecht vor allem in niederen Lagen und im Hügelland vor; Brutplätze über 900 Metern sind in dieser Zone nicht bekannt. In Italien, auf dem Balkan sowie in der Türkei brüten diese Spechte bis in Höhen von 1700 Metern, aus dem Kaukasus und dem Iran sind noch höher gelegene Brutvorkommen bekannt.

Die Siedlungsdichten können in Optimalhabitaten sehr hoch sein. So wurden im östlichen Wienerwald fast vier Brutpaare auf 10 Hektar festgestellt, ähnliche Maximalwerte wurden in der Gegend um Schaffhausen in einer Hartholzaue entlang des Hochrheins ermittelt, wo ein Männchenrevier etwa vier Hektar umfasste.Üblicherweise sind Mittelspechtreviere jedoch viel größer; Durchschnittsgrößen der Sommerreviere liegen zwischen 10 und 20 Hektar; Winterreviere sind wesentlich größer, in ihren Grenzstrukturen jedoch sehr variabel.

Nahrung & Jagdverhalten

Mittelspechte ernähren sich vornehmlich von unterschiedlichen Arthropoden und deren Entwicklungsstadien. Dabei überwiegen stamm- und rindenbewohnende Arten gegenüber jenen, die auf Zweigen oder Blättern leben. Holzbohrende Käferlarven spielen keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Nach der Individuenzahl bilden Blattläuse, verschiedene Ameisenarten wie die Glänzendschwarze Holzameise oder die Fremde Wegameise den Nahrungshauptanteil, während Gattungen der Waldameisen eine nur untergeordnete Bedeutung im Nahrungserwerb dieses Spechtes haben. Daneben bilden noch Käfer, Schildläuse, Schnaken, verschiedene Raupen sowie Fliegen, Mücken und Asseln Bestandteile der animalischen Kost. Die meisten Beutetiere sind klein, die mittlere Länge beträgt etwa 8,5 Millimeter. An frisch geschlüpfte Küken werden vor allem Blattläuse verfüttert, mit zunehmendem Alter gleicht die Nestlingsnahrung der der Erwachsenen.

Der Mittelspecht nimmt vegetarische Kost zu sich, jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß, wie dies beim Großen Buntspecht, besonders aber beim Blutspecht festzustellen ist. Im Frühjahr ringelt er gelegentlich safttreibende Bäume, vor allem Linden, um Baumsäfte aufnehmen zu können; im Juni und Juli können Kirschen eine wichtige Beikost sein, die auch an die Jungen verfüttert wird. Im Herbst und Winter spielen Nüsse und Koniferensamen eine gewisse, wenn auch untergeordnete Rolle.

Fortpflanzung, Balz & Brut

Mittelspechte werden am Ende des ersten Lebensjahres geschlechtsreif; sie führen eine weitgehend monogame Brutsaisonehe. Die Partnerschaft wird nach der Brutsaison loser, dürfte aber häufig locker auch über den Winter weiter bestehen und zur Hauptbalzzeit erneuert werden. Wie bei allen Spechten ist die innerartliche Aggression sehr groß, sie wird langsam mit dem Aufbau des Brutreviers und mit dem Höhlenbau abgebaut, erlischt aber auch bei verpaarten Mittelspechten nie ganz. Schon Ende Januar, häufiger aber im Februar und verstärkt im März, streift das Männchen mit lauten Quäk-Rufen durch sein Nahrungsrevier. Nähert sich ein Weibchen, intensiviert das Männchen das Quäken und umfliegt es in einem auffälligen Flatterflug. Danach lockt es das Weibchen zu vollendeten oder begonnenen Höhlen, die durch Klopfen angezeigt werden. Dabei sind die Federn der roten Kopfplatte gesträubt. Das Weibchen inspiziert die Höhlen und kann bald durch eine geduckte Körperhaltung zu einer Kopulation auffordern. Die ersten Kopulationen finden schon im Februar statt, häufiger werden sie jedoch erst im März.

Der Mittelspecht zimmert seine Höhlen ausschließlich in Bäumen mit weichen Hölzern wie etwa Pappeln, Weiden oder Erlen, beziehungsweise in solchen, die bereits durch Pilzbefall stark geschädigt sind. Oft werden die Höhlen auch in stehendem Totholz angelegt. Charakteristisch für Mittelspechthöhlen ist ihre häufige Lage in starken, horizontalen Seitenästen, wobei sich das Einflugloch oft auf der Unterseite des Astes befindet, oder die Lage unter der baldachinartigen Abdeckung durch einen Baumpilz, wie etwa einem Zunderschwamm. An der Höhle bauen beide Partner, das Männchen allerdings häufiger und ausdauernder als das Weibchen. Die Höhlentiefe liegt bei einer Breite von etwa 12 Zentimetern zwischen 20 und 35 Zentimetern, das Einschlupfloch ist annähernd rund und misst zumindest 34 Millimeter. Mittelspechthöhlen können sich in Ausnahmefällen in Bodennähe befinden, liegen aber meist in Höhen zwischen 5 und 10 Metern, gelegentlich auch in über 20 Metern Höhe. Die Bauzeit beträgt mindestens eine Woche, meist aber zwei bis 4 Wochen; gelegentlich werden Buntspechthöhlen adaptiert, alte eigene wiederverwendet oder die des Kleinspechtes erweitert.

Jungvögel & Aufzucht

Die Eiablage beginnt in Mitteleuropa frühestens Anfang April, auf dem Balkan und in der Türkei etwas früher, in Nordosteuropa etwas später. Die Gelege bestehen aus 5–6 (4–8) ovalen, reinweißen und glänzenden Eiern in einer durchschnittlichen Größe von 23 x 18 Millimetern; ihr Gewicht liegt bei etwas mehr als 4 Gramm. Die feste Brut beginnt nach Ablage des letzten Eies, vorher werden die Eier nur vor dem Auskühlen geschützt. Beide Geschlechter brüten zu etwa gleichen Teilen, wie bei allen Spechten das Männchen während der Nacht. Bei frühem Gelegeverlust kommt es zu einer Ersatzbrut, im Normalfall brüten Mittelspechte nur einmal pro Jahr. Nach frühestens 10 Tagen schlüpfen die Jungen, meist aber erst am 12. oder 13. Tag nach Brutbeginn. Die Nestlingszeit schwankt zwischen 20 und 24 Tagen, in der sie von beiden Eltern etwa zu gleichen Teilen versorgt werden. Den Abtransport der Fäzes scheint allerdings nur das Männchen zu besorgen. Nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel schnell von der Bruthöhle weggelockt und oft in zwei Gruppen geteilt noch bis zu zwei Wochen von einem Elternteil betreut, bevor sie weitgehend selbständig sind und in die nähere Umgebung dismigrieren.

Zum Bruterfolg gibt es nur wenige größere Untersuchungen. Bei 35 untersuchten Bruten in der Nordschweiz flogen durchschnittlich 2,3 Junge aus; eine bedeutend höhere Ausfliegrate mit 5,2 Jungen wurden bei einer kleinen Untersuchung in Südwestrussland festgestellt.

Wichtiger Hinweis:

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